TL;DR
KI kann bAV-Prozesse messbar entlasten – aber nur, wenn Datenschutz und AI-Act-Compliance von Anfang an mitgebaut werden. In der Praxis entscheidet nicht die Technik, sondern der Rahmen: Datenflüsse, Risiko-Checks, TOMs, Transparenz, Governance.
Ein kurzer Blick in zwei Realitäten
Realität A: Der Status quo
Excel-Listen, Mail-Pingpong, Rückfragen zu Anwartschaften, Änderungen im Familienstand – und dazwischen Fristen, Prüfungen, Nachweise. bAV ist oft eine hochkritische Verwaltungsmaschine.
Realität B: Mit KI-Unterstützung
Ein sauber trainierter Assistent beantwortet Standardfragen, generiert Schreiben, gleicht Stammdaten ab, erkennt Dubletten – und HR gewinnt Zeit für echte Beratung.
Dass Realität B nicht mehr Sci-Fi ist, zeigt u. a. eine WTW-Umfrage aus Herbst 2025: Mehr als vier von fünf Unternehmen nutzen oder testen KI-Tools in der bAV.
Der Preis dieser Beschleunigung: bAV verarbeitet besonders sensible Beschäftigtendaten. Wer hier KI "einfach mal anschaltet", riskiert Recht, Reputation und Vertrauen.
Wo KI in der bAV heute wirklich hilft
In vielen Organisationen tauchen aktuell ähnliche Use Cases auf (Pilot oder Regelbetrieb): Chatbots/Assistenten, automatisierte Dokumente, Wissensmanagement, Datenprüfung.
Typische Hebel:
- Datenbereinigung & Dublettenabgleich zwischen HR, Payroll, bAV-Systemen
- Dokumentengenerierung (z. B. Schreiben, Infos, Nachweise) – mit Vorlagen & Prüfregeln
- Self-Service über Chatbots/Assistenten für Standardfragen (Anwartschaft, Anpassung, Übertragung)
- Segmentierungen & Szenarien (z. B. "Welche Fälle sind kritisch?", "Welche Gruppe braucht Kommunikation?")
Wichtig: Sobald aus "Analyse" ein Scoring, ein Profiling oder eine (teil-)automatisierte Entscheidung wird, steigen die Anforderungen deutlich – sowohl unter DSGVO als auch unter dem EU AI Act.
Doppelter Regulierungsdruck: DSGVO trifft EU AI Act
Die DSGVO bleibt das Fundament, wenn personenbezogene Daten im Spiel sind. Neu dazu kommt der EU AI Act als zweites Regelwerk – mit einem risikobasierten Modell und klaren Pflichten je nach KI-Typ.
Was viele unterschätzen: Der Zeitplan läuft bereits
Der AI Act ist seit 1. August 2024 in Kraft. Die Anforderungen greifen gestaffelt – und sie treffen HR-Anwendungen früh.
"High Risk" ist im HR-Kontext keine Ausnahme
Annex III umfasst u. a. KI-Systeme im Beschäftigungskontext – etwa für Recruiting/Selektion und Systeme, die Entscheidungen zu Arbeitsbedingungen, Beförderung/Kündigung oder Performance-Monitoring unterstützen.
Schlussfolgerung: Für bAV-Anwendungsfälle wird es dann besonders relevant, wenn KI Entscheidungen oder Einstufungen unterstützt, die Beschäftigte spürbar betreffen (z. B. Anspruchsfragen, Ausschlüsse, oder stark wirkende Segmentierungen). Diese Einordnung muss im Einzelfall geprüft werden.
Die drei Sorgenfelder in Projekten
In der Praxis bündeln sich die Risiken in drei Bereichen:
- Datenschutz & DSGVO: Rechtsgrundlagen, Zweckbindung, Speicherfristen, Betroffenenrechte
- Regulierung & Haftung (AI Act): Risikoklassifizierung, Dokumentationspflichten, Konformitätsbewertung
- Akzeptanz in der Belegschaft: Transparenz, Vertrauen, Mitbestimmung
Blueprint: Datenschutzkonforme KI in der bAV
Ein funktionierender Ansatz ist nicht "Tool kaufen, loslegen", sondern Governance zuerst. In HR-Umfeldern kommt hinzu: Der AI Act fordert u. a. Risikomanagement, Transparenz und menschliche Aufsicht – besonders bei High-Risk-Fällen.
Datenströme & Rechtsgrundlagen klären
Kartiere Datenflüsse (HR-Core, Payroll, bAV-Plattformen, Aktuariat, Versicherer) und dokumentiere Zweck, Rechtsgrundlage, Speicher- und Löschlogik – bevor Trainings- oder Prompt-Daten entstehen.
Risiko- & Folgenabschätzung durchführen
DSGVO-seitig ist bei hoher Eingriffsintensität oft eine DSFA naheliegend. AI-Act-seitig braucht es eine frühe Einstufung: Geht es Richtung Annex-III-Use-Case (High Risk) oder "nur" Transparenzpflichten?
TOMs & Security-Reifegrad stärken
Wähle Anbieter mit belastbarer Security, setze Rollen/Berechtigungen strikt um, trenne Test- und Produktivdaten, arbeite – wo möglich – mit Pseudonymisierung/Anonymisierung.
Transparenz, Mitbestimmung, Human-in-the-Loop
Sag klar, wo KI unterstützt und wo Menschen entscheiden. Gerade im Beschäftigungskontext ist menschliche Aufsicht ein zentrales Element.
KI-Governance & Monitoring etablieren
Regeln, Freigaben, Logging, Qualitäts-Checks, Bias-/Fehler-Monitoring, Incident-Prozesse – und ein regelmäßiges Reporting an HR/DSB/IT-Sec/GF.
Praktische Mini-Checkliste für Ihren Start
Fazit: KI ist kein IT-Projekt – sondern ein Vertrauensprojekt
Der AI Act macht deutlich, was viele bAV-Teams ohnehin spüren: KI im Beschäftigungskontext ist mehr als Automatisierung. Wer jetzt sauber aufsetzt (Daten, Risiko, TOMs, Human-in-the-Loop, Governance), hat später weniger Reibung – und kann KI als echten Service-Booster nutzen.
Quellen (Auswahl)
- WTW: "Künstliche Intelligenz hält Einzug in die bAV..." (Pressemitteilung, Dezember 2025)
- WTW: "Wie Künstliche Intelligenz die betriebliche Altersversorgung verändert" (Report, Dezember 2025)
- Europäische Kommission: "AI Act enters into force" (1. August 2024)
- EUR-Lex: Verordnung (EU) 2024/1689 (AI Act)
- AI Act Service Desk: Implementierungs-Zeitplan
- EU AI Act Service Desk: Annex III (Employment, workers' management...)
- KPMG Law: AI Act aus HR-Perspektive (Annex-III-Bezug)
Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung moderner KI-Tools recherchiert und erstellt. Die redaktionelle Verantwortung und finale Ausarbeitung liegen selbstverständlich bei uns – human in the loop! Denn gute Inhalte entstehen im Zusammenspiel von Technologie und Erfahrung.
KI-Projekt in der bAV geplant?
Wir unterstützen Sie bei der datenschutzkonformen Implementierung – von der Risikoanalyse bis zur Governance.
Beratungsgespräch vereinbaren